14. März 2010

Meine wunderbaren Brüder und ihre Freundinnen hatten mir zu Weihnachten eine Karte für die Harlem Globetrotters geschenkt. Also ging es heute gestern in die Porsche-Arena, frei nach dem Motto "Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul", denn aus eigenem Antrieb wäre ich wohl nicht dahin gegangen.

Ich hatte wohl schon eine Vorahnung. Ich wusste, dass mich hier eher Show als Basketball erwartet, aber dass der Anteil von Show so hoch und der Anteil von Basketball so klein sein wird, hätte ich nie gedacht. Das war der Versuch von Familienunterhaltung nach einer Formel, die in den 70er Jahren vielleicht funktioniert hat, aber jetzt würden mich die Jungs wahrscheinlich nicht vom Hocker hauen, wenn sie Kokosnüsse auf Gilligan's Insel in Palmenkörbe werden würden.

Nagut, ich bin als Basketballspieler vielleicht auch zu voreingenommen, aber jedes Damen-College-Spiel wäre sportlich gesehen besser. Dabei habe ich an sich kein Problem mit dem Programm gehabt, es hat mich einfach nur nicht so sehr unterhalten, wie ich es erhofft hatte.

Zuerst wurden erstmal die "Gegner" vorgestellt, die Washington Generals, deren Coach sich erstmal versuchte unbeliebt zu machen, indem er meinte "Stuttgart stinkt". Das machte ihn schon fast wieder sympathisch für mich. Ein leicht überfordert wirkender deutsche Sprecher versuchte hier und dort etwas zu übersetzen, aber das brauchte er eigentlich auch nicht. Dann kamen die Globetrotter, die erstmal ihre berühmte Aufwärmroutine durchführten, im Kreis rennen und Passstafetten laufen. Genau das taten sie dann auch die meiste Zeit im Spiel.

Das fand ohne irgendeine ernstzunehmende Defense der Generals statt und die mit dem Gegner einstudierten Spielzüge wurden immer wieder durch kleine Mätzchen, Showeinlagen oder Storyelemente unterbrochen. So wurden die Zuschauer einbezogen, ein Spieler Globetrotters "hypnotisiert" oder mit dem "Schiri" diskutiert. Am Ende gewannen die Globetrotters mit 68:53, aber das war ja sowieso eher Nebensache.


Es stört mich ziemlich, dass das Ganze mit Basketball nicht viel zu tun hatte. Beim Stand von 12:5 wurde spaßhaft einem Spieler der Generals das Trikot ausgezogen, während er zum Korb zog. Bei diesem Foul warf er den Ball noch weg und er ging in den Korb. Allerdings ging's dabei nicht um den Korb sondern um den Lacher des zerissenen Trikots und so wurde der Korb nicht mal gezählt! Auf die zwei Punkte kam es letztlich nicht an, zeigt aber deutlich, wie ernst da unten Basketball gespielt wurde. Die Uhr lief und stand sowieso wie sie wollte, egal ob das Spiel lief, der Ball im Aus war oder eine Showeinlage gezeigt wurde.

Als Sportler muss man sich bei manchen Aktionen ziemlich am Kopf kratzen. Hey, ich spiele morgen in der Landesliga gegen Eltingen und werde wahrscheinlich mehr leisten als so mancher Spieler da unten auf dem Feld. Als Vollblutsportler würde ich es bei diesen Veranstaltungen nicht lange aushalten, wenn ich meinen Sport nicht 100% im Wettbewerb ausüben könnte. Oh man, was schreib ich da: Ich könnte nie Globetrotter werden!

Der Kapitän der Jungs aus Harlem hatte ein Headset auf, mit denen er das Spiel lenkte, doch irgendwann ging einem das ständige "Hey-Hey", "I got it" oder "It's ok" ziemlich auf den Nerv, so dass sich ein leichter Kopfschmerz in mir entwickelte. Als dann zum gefühlten tausendsten Mal ein Globetrotter hypnotisiert wurde, war es für mich vorbei. Und dann noch mal das ewig gleiche im Kreis Gerenne entflammte in mir den Wunsch, auf das Feld zu gehen und den Jungs zuzurufen, sie sollten einfach mal ernsthaft gegeneinander spielen. Das würde es bei weitem spektakulärer machen.

Die Jungs können alle Spielen, Springen und sehr spektakulär Dunken, ohne Frage. Und sie würden auch jeder sicher in der NBA rocken können, allerdings kam mir das Drumherum so vor, als hätte sich die ganze Show seit den 70er Jahren nicht mehr geändert. Interessanter fand ich dann wirklich die Generals, die mir vor allem leid taten, sich Abend für Abend in einem Sport, den ich liebe, zum Affen machen zu müssen. Andererseits hatten sie auch den einzigen weißen Spieler auf dem Feld, der nach meiner Einschätzung auch die meisten Punkte in seinem Team erzielte. Und selbst die nicht mal zu zwei Dritteln gefüllte Porsche-Arena applaudierte bei seinen zahlreichen Dreiern.

Alles in allem weiß ich jetzt: Das ist nichts für mich; von mir selbst aus würde ich nicht noch ein zweites Mal hingehen. Aber es ist auch eine Erfahrung, die man gemacht haben muss, um es zu wissen. Ich seh das jetzt aus den Augen eines Basketballers, der selbst Woche für Woche spielt, sich jeden Tag die Top10 reinzieht und krasses Balling von den AND1-Mixtapes kennt. Und da wra mir die Show einfach zu wenig. Für Kids und Familien vielleicht genau das Richtige, für mich nicht mehr als ein netter Abend.

Trotzdem vielen Dank, liebe Brüder. Das Geschenk war cool und jetzt kann ich auch sagen, dass ich die Harlem Globetrotters in Stuttgart erleben durfte!

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