17. April 2010

Mit Grauen denke ich an meine allererste Bio-Klassenarbeit zurück. Ich habe eigentlich nichts gegen das Unterrichtsfach Biologie und wenn man jetzt auf seine Schulzeit zurückblickt sieht man alles sicher etwas differenzierter, aber um ehrlich zu sein, ich hab Bio gehasst. Nicht wegen des Stoffes, die Inhalte sind richtig interessant, sondern wegen der Art des Unterrichts. Kurz gesagt: Meine Lehrerin hat mir das Fach versaut.

Wie? Seltsame undurchschaubare Fragen in Arbeiten, bei deren falscher Beantwortung man nur riesige rote Fragezeichen und 0 Punkte bekam. Unterricht, bei dem nichts hängen blieb. Hausaufgaben, die zeitaufwendig waren, aber nichts zum Wissensgewinn beitrugen. Ziemlich schnell wurde mir schon in der fünften Klasse klar, ich komme mit den Lehrmethoden nicht zurecht und da ich nie eine andere Biologie-Lehrerin hatte, war das Fach für meine Schullaufbahn versaut. Aus mir hätte ein Doktor oder Pflanzenforscher werden können, wäre alles nur ein wenig anders gelaufen.

Besagte erste Klassenarbeit schlug den Nagel in den Sarg. Die Frage lautete "Was würdest Du sagen, wenn ein Klassenkamerad von Dir behaupten würde, ein Roboter sei ein Lebewesen?"

Ich wiederhole: Was würdest DU sagen...? Du... Meine Meinung war gefragt, was ich denn sagen würde. Ich schrieb also meine kleine Story dahin. Schlechte Entscheidung. Rotes Fragezeichen. Null Punkte.

Ich hätte überhaupt nichts ausdenken brauchen, ich hätte auch nicht schreiben müssen, was ich denke. Ich hätte einfach nur die Merkmale von Lebewesen aufzählen müssen. Das sind Fortpflanzung, Vererbung (Evolution), Wachstum (Entwicklung), Stoffwechsel (Ernährung und Atmung), Bewegung (aus eigenem Antrieb) und Wahrnehmung (Reizaufnahme). Meine Antwort hätte also lauten müssen:
Lieber *INSERT STUPID FELLOW STUDENT NAME HERE*,
du hast Unrecht!!! Ein Roboter
  • atmet nicht
  • ernährt sich nicht
  • pflanzt sich nicht fort
  • wächst nicht
  • bewegt sich nicht von selbst
  • vererbt nichts

Jedenfalls noch nicht (Die Herrschaft der Maschinen ist nah!! Muarhar)

Es ist nicht immer leicht an solche einschneidenden Knicke im Leben zurückzudenken, weil man sich zwangsläufig immer "Was wäre wenn...?" fragt. Wo würde man heute stehen?

Andererseits ist unsere Definition von Leben längst nicht mehr so einfach. Jedenfalls für einen Menschen. Wenn ein Mensch nur diese Merkmale erfüllt, dann nennt man das nicht mehr Leben sondern eher Vegetieren. Leben ist so viel mehr. Etwas erreichen, Lieben, Geld verdienen, sich selbst verwirklichen - Das ist Leben heute. Und selbst das ist nicht genug. Ein Mensch kann alles das machen und sich trotzdem leer fühlen.

Ich fühle mich öfter leer, denn obwohl ich vieles erreicht habe, stelle ich mir oft die Frage "Was wäre wenn...?" und fühle mich, als ob etwas fehlt. Aber ich kann es nicht determinieren, nicht festpinnen und schon gar nicht erst festhalten. Die Uhr läuft vorwärts, doch möchte ich manchmal einfach zurückgehen und den anderen Weg erkunden, nur um mir selber zu beweisen, dass das was ich jetzt tue wirklich "Leben" ist und alle anderen Entscheidung außen herum die schlechteren gewesen wären.

Doch das kann man nicht. Man kann nicht vergleichen, deshalb kann man auch nicht sagen, dass die eigenen Entscheidungen die besten sind. Aber auch nicht, dass sie die schlechtesten sind. Es gibt kein Gut oder Schlecht, es gibt nur Anders. Doch manchmal ist Anders genau das was man braucht. Raus aus seiner Haut und raus aus seinem Leben. Man muss erst realisieren, dass viele Dinge gar nicht die eigene Schuld sind, sondern von außerhalb beeinflusst werden.

Wie einfach hat es doch da eine Pflanze, die sich in Richtung der Sonne lehnt nur um das meiste Licht abzubekommen. Das ist immer die richtige Entscheidung. Keine Gedanken zum Verschwenden, keine fixen Ideen, keine Interaktion, keine Kollisionen.

Wenn ich diese Gedanken schweifen lasse, dann komme ich nur zum Schluss: Ja, ich möchte Leben, aber irgendwas fehlt...

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