2. September 2009

Quentin Tarantino kann es nicht lassen. Auch in seinem neusten Film "Inglourious Basterds" hat wieder eingeschlagen. Er hat nicht viel Sinn für Geschichte, doch eins hat dieser Film ganz bestimmt: Eine Moral. Während viele seiner Filme mit dem Schlusspunkt "Leg dich nicht mit Mädels an, sonst töten sie dich" enden, hat dieser Filme eine echte Message.

Diese Moral ist: "Du kannst deine Schuld nicht ablegen wie eine Uniform." Und Tarantino hat Recht. Egal, ob man ein guter Mensch ist oder egal wie man in eine Situation gerutscht ist, man kann und darf sich seiner Verantwortung nicht entziehen. Nicht nach 10 und auch nicht nach 100 Jahren. Menschen, die getötet haben, sollten bestraft werden. Und wenn sie ihre Strafe verbüßt haben, dann haben sie durchaus das Recht auf eine zweite Chance und sollten wieder ihr Leben leben dürfen. Diejenigen, die das einsehen und sich ihrer Schuld bewusst sind, sind wahrscheinlich schon gestraft genug, denn sie werden die Gesichter ihrer Opfer wohl ein Leben lang nicht vergessen können. Aber diejenigen, die sich ihrer Verantwortung entziehen wollen, die haben es nicht anders verdient, als jedes Mal an ihre Taten erinnert zu werden.

In Inglourious Basterds geht es vor allem um Rache. Der Film erzählt die Geschichte von Shosanna, die die Ermordung ihrer Familie miterleben musste und nur knapp mit dem eigenen Leben entkam, vor dem Hintergrund des 2. Weltkrieges. Als dann eine große Filmpremiere mit allen Regierungsangehörigen Deutschlands in gerade ihrem Kino stattfinden soll, wittert sie ihre Chance. Gleichzeitig versucht in der zweiten Handlung eine Gruppe amerikanischer Soldaten ihre Jagd auf Deutsche zu unterbrechen und auch das Kino zu sprengen. Bis hin zum letzten Akt bleiben die beiden Geschichten relativ unabhängig voneinander, Shosanna bekommt ihre Rache und die Soldaten erreichen ihr Ziel.

Tarantino versteht es geschickt, den Film zu tarnen, indem er die Aufmerksamkeit und auch das Marketing auf die Soldaten, die Inglourious Basterds, lenkt, wobei die Haupthandlung und -person doch Shosanna ist. Indem er die Gelüste von 16 jährigen Jungs und Actionfreunden befriedigt schafft er es doch tatsächlich genau dieses Publikum in einen anspruchsvollen Film zu treiben. Dabei dürfte aber auch der Name Quentin Tarantino viel beigetragen haben.

Der Film ist in 5 Kapitel gegliedert, wobei ich 1-3 eher bla fand, dafür aber 4 und 5 richtig genial. Das ist sicherlich Geschmackssache, aber jede Charakterisierung, die in diesen Kapiteln gemacht wurde, hat sich für mich irgendwie nochmal wiederholt. Trotzdem sind die ersten 3 Kapitel natürlich wichtig für den Film, vorallem Shosannas Hintergrundgeschichte. Die Barszene in Kapitel 4 war grandios und das Finale in Kapitel 5 furios. Insgesamt fügt sich das Gefüge zu einem richtig guten Film zusammen.

Inglourious Basterds ist an alte Western angelehnt. Viele Kamerafahrten, Zooms und ganze Szenenabläufe erinnerten mich an alte Spaghetti-Western. Glorreich ist auch der Film im Film, der vom puren Unterhaltungswert seinem Rahmenfilm in nichts nachstand. Manchmal denkt man, dass Daniel Brühl in diesem Segment eine bessere Vorstellung gibt, als im Hauptfilm. Denn irgendwie habe ich ihm dort den Scharfschützen durch seine Jugendlichkeit nicht so ganz abgenommen.

Allgemein hat Tarantino bei den Schauspielern dieses Mal ein richtig goldenes Händchen bewiesen. Brad Pitt hat als Anführer der Basterds zwar nicht viele Gelegenheiten zu glänzen und hackt die Rolle mit Routine ab. Eigentlicher Star des Filmes ist Oberbösewicht Hans Landa gespielt von Christoph Waltz. Ich habe kaum ein solch intesive und kongeniale Verkörperung eines absolut berechnenden aber ebenso perfiden Bösewichts gesehen. Das ist ganz großes Kino. Man kann sie gar nicht alle aufzählen.

Til Schweiger: Wow! Der Mann hat es doch richtig drauf. Sein Charakter hat sogar eine eigene Einführung bekommen. Eli Roth hat einen unglaublichen Charme auf der Leinwand und man nimmt ihm selbst den falschen Italiener noch ab. Der Führer gespielt von Martin Wuttke ist seinen kurzen Szenen ein wunderbare Karrikatur, die selbst Helge Schneiders Darstellung in den Schatten stellt. Und viele weitere perfekte Besetzungen machen den Film groß. Eine Erwähnung soll noch Christian Berkel als wunderbarer rauchender Barkeeper erhalten.

Als Film von Tarantino ist Inglourious Basterds mal eine willkommene Abwechslung. Der Film muss sich ziemlich straff an eine feste Handlung. Das bedeutet er kann nicht groß abschweifen oder von nutzlosen 9-Minuten-Dialogen unterbrochen werden. Daraus resultieren, dass auch die anderen von Tarantinos Macken eher im Hintergrund halten. Kaum Popkultur-Anspielungen und kaum Abschweifungen, dafür echte Handlung mit echter Charakterentwicklung. Dafür konnt er seine Stärken umso besser einbauen: Eine großartige 360-Grad-Kamerafahrt um einen Dialog, großartig in Szene gesetze Feuerwaffenduelle und tolle Bilder.

Leider kam es dann doch zu einer Schmälerung der dichten Atmosphäre in einem der besten Teile des Films, als plötzlich ein normaler Handlanger sich mit Brad Pitt über Mexican Standoffs unterhielt. Obwohl es denn Begriff durchaus schon gab, hatte er zu dieser Zeit ganz bestimmt noch nicht diese Popkultur-Bedeutung, war so Tarantino-like und hat für mich die ganze Szene ruiniert. Der Soundtrack kam mir ziemlich bekannt vor und ich weiß nicht, ob einige dieser Songs schon in Tarantinos früherer Filme verwendet wurden.

Insgesamt ist Inglourious Basterds sicherlich kein Meilenstein der Filmgeschichte, aber er wird definitiv nicht in Vergessenheit geraten. Durchaus kein Film für das erste Date, aber auf alle Fälle sehenswert. 4 von 5 Sterne.

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