Im echten Leben gibt es keine Gerechtigkeit. Hollywood und Marky Mark lassen es aber so aussehen. Und das ist genau der große Unterschied, der Infernal Affairs soweit über seinem Remake stehen lässt. Ich habe beide Filme an darauffolgenden Abenden in richtiger Reihenfolge gesehen und das war wahrscheinlich gut so.
Infernal Affairs, ein Hong-Kong-Thriller aus dem Jahr 2002, erzählt die Geschichte von 2 Polizisten, die an der selben Akademie ausgebildet werden. Der eine wurde von einem Triadenboss eingeschleusst, während der andere zu genau diesem Kriminellen undercover geht. Es entwickelt sich eine spannende Katz-und-Maus-Jagd, bei der die beiden Maulwürfe sich ziemlich nahe kommen ohne sich je zu treffen. Die Situation eskaliert und der Polizeichef stirbt und mit ihm der einzige, der die Geheimidentität des Undercovercop kennt. Der Kriminelle möchte sich mittlerweile ändern und erschiesst in einem dramatischen Showdown seinen alten Vater. Während er nur noch sein Leben leben will, bangt der andere um seine Identität. Es kommt zur Begegnung der beiden, bei der der wahre Polizist getötet wird. Alles, was Maulwurf bei der Polizei nur noch tun kann, ist ihm ein ehrenhaftes Begräbnis zu verschaffen, indem er die Identitä bekannt gibt.
Und was ist The Departed? Das Remake dieses Filmes von 2006, Oskargewinner: Bester Film. Was unterscheidet die Filme? - Viel. Aber zu erst einmal die Gemeinsamkeiten. Viele der Trademark-Szenen wurden fast 1:1 von The Departed übernommen. Die Story ist exakt die gleiche, mit Ausnahme des Hollywoodendes. Infernal Affairs ist gespickt mit Stars des Hong-Kong-Kino, Departed ist gespickt mit Hollywoodstars. Und da ist es schon vorbei mit den Gemeinsamkeiten.
Der große Unterschied zwischen Hollywoodkino und dem Kino vom Rest der Welt ist, dass beim Hollywoodkino absolut nichts außerhalb der gezeigten Szenen passiert bzw. passieren darf. Denn Hollywood traut seinem eigenen Publikum nicht. Ein großer Handlungspunkt ist ein Umschlag, an dem der Undercovercop den Maulwurf in den eigenen Reihen entdeckt. Dieser muss in Departed natürlich gefühlte 100 Mal gezeigt werden, damit es auch der letzte Zuschauer kapiert. Bei Infernal Affairs reicht es zweimal, einmal beim Markieren und einmal beim Erkennen. Das traue selbst ich jedem Zuschauer zu. Verzwickt wird es da eher mit Szenen bei der Psychiaterin oder mit einer Exfreundin, die der Cop für seinen Undercoverauftrag aufgeben muss. Die Exfreundin verschwindet in Hollywood, aus der Psychiaterin wird eine absolut sinnlose Dreiecksbeziehung. Zwischen den Hauptcharakteren besteht schon soviel Spannung wie im Umspannwerk und Hollywood setzt eine Gummipuppe dazwischen. Manchmal reichen doch die Anspielungen...
Den großen Unterschied zwischen beiden Filmen macht aber die Motivation des Bösewichts aus. Im asiatischen Orginal will er sich ändern und ein gutes Leben führen, während im Remake er seinen Boss nur aus Rache killt, weil er ein FBI-Informant sein soll (etwas, was der Orginal-Boss nicht nötig hatte). Vor allem versucht der Boss seinen Schützling auch noch zu erschiessen, was der Orginalcharakter nie tun würde. Für diese Motivation war die Freundin vom Maulwurf ein integraler Part. Sie war im Orginal eine Autorin und ein vollkommen anderer Charakter als die Psychiaterin. Sie schrieb ein Buch über einen Schizophrenen schreibt, der sich auch nicht entscheiden kann, ob er gut oder böse ist. Während sich Infernal Affairs also selbst den Spiegel vorhält, spielt The Departed die Story einfach schnürckellos herunter. Schade, eine vertane Chance in Hollywood mal eine komplizierte Story einfach rüber zu bringen anstatt sie noch mehr zu vereinfachen.
Ein weiterer wichtiger Unterschied findet sich auch in den Charakteren des Polizeichefs und des Gangsterboss. Diese werden im Remake von Martin Sheen und Jack Nicholson sicherlich gut gespielt, aber vollkommen am Charakter vorbei. Jack Nicholson spühlt hier mal wieder seine Standard-Bösewichtnummer das Klo runter. Ich habe nur auf Batman gewartet, bis er den Joker verhaftet. Und Martin Sheen fehlt einfach der Charme, der im Orginal da war. Dort war der Chef ein Gentleman und ein guter Freund des Undercoverpolizisten. Er schickte ihn weg, weil er der beste war, nicht weil er ein hoffnungsloser Fall war. Eine wichtige Szene aus Infernal Affairs fehlt in Departed auch, eine der wichtigsten Szenen der Story. Es kommt zur Gegenüberstellung der gesammelten Mannschaft aus Polizisten und Gangster, wo sich auch die Maulwürfe gegenüberstehen, ohne zu wissen wer der andere ist. Vor allem aber sehen beide Chefs sich deutlich in die Augen und liefern einen Dialog, der allein schon den Oscar wert wäre.
Was fehlt Departed noch? Kleine Details: Morsezeichen, die allererste Begnung zwischen den Maulwürfen im Elektronikladen und das zugehörige Lied, Dächer als Zeichen der Freiheit werden auf Tatorte reduziert und spielen keine Rolle und zu guter Letzt natürlich das richtige Ende. In Hong Kong können sich die Menschen ändern, in Hollywood nicht. Mit was kann The Departed aufwarten? Ein irischer Hintergrund und homophobe Kommentare, die die Iren und die Menschen, mit denen sie zu tun haben, in keinem guten Licht dastehen lässt.
Marky Mark Wahlberg spielt einen Charakter, den nur das Remake kennt. Er weiß auch über die Undercoveraktion bescheid und jeder, der das Orginal zuerst gesehen hat, weiß sofort, dass er am Ende den Racheengel spielt und für Gerechtigkeit sorgt. Aber es gibt keine Gerechtigkeit, ein Martin Scorsese sollte das wissen. Und genau deshalb scheitert für mich The Departed und Internal Affairs gewinnt.
Wenn ein Film den Oscar verdient, dann das Orginal aus Hong Kong. Er ist so viel kompletter und stellt den Zuschauer noch vor Herausforderungen, während Departed das Steak serviert, in Häppchen schneidet, den Zuschauer füttert und ihn mit dem verkorksten Ende auch noch am Bauch kitzelt. Er rückt die Geschichte in den Hintergrund für aufgeplusterte Hollywooddialoge, die die Stars schon wiederkäuen können. Aber das hab ich schon zehntausendmal gesehen, ich hab sogar einen besseren Joker gesehen. Also wo ist eigentlich der Sinn für Martin Scorsese den Film nachzumachen, außer endlich einmal notgeil den Oscar einzuheimsen? Ich sehe keinen.
Für die Story 2,5 Sterne. Für die Umsetzung von Infernal Affairs 2, von Departed 0,5...
The Departed: 3 von 5.
Infernal Affairs: 4,5 von 5.
Infernal Affairs, ein Hong-Kong-Thriller aus dem Jahr 2002, erzählt die Geschichte von 2 Polizisten, die an der selben Akademie ausgebildet werden. Der eine wurde von einem Triadenboss eingeschleusst, während der andere zu genau diesem Kriminellen undercover geht. Es entwickelt sich eine spannende Katz-und-Maus-Jagd, bei der die beiden Maulwürfe sich ziemlich nahe kommen ohne sich je zu treffen. Die Situation eskaliert und der Polizeichef stirbt und mit ihm der einzige, der die Geheimidentität des Undercovercop kennt. Der Kriminelle möchte sich mittlerweile ändern und erschiesst in einem dramatischen Showdown seinen alten Vater. Während er nur noch sein Leben leben will, bangt der andere um seine Identität. Es kommt zur Begegnung der beiden, bei der der wahre Polizist getötet wird. Alles, was Maulwurf bei der Polizei nur noch tun kann, ist ihm ein ehrenhaftes Begräbnis zu verschaffen, indem er die Identitä bekannt gibt.
Und was ist The Departed? Das Remake dieses Filmes von 2006, Oskargewinner: Bester Film. Was unterscheidet die Filme? - Viel. Aber zu erst einmal die Gemeinsamkeiten. Viele der Trademark-Szenen wurden fast 1:1 von The Departed übernommen. Die Story ist exakt die gleiche, mit Ausnahme des Hollywoodendes. Infernal Affairs ist gespickt mit Stars des Hong-Kong-Kino, Departed ist gespickt mit Hollywoodstars. Und da ist es schon vorbei mit den Gemeinsamkeiten.
Der große Unterschied zwischen Hollywoodkino und dem Kino vom Rest der Welt ist, dass beim Hollywoodkino absolut nichts außerhalb der gezeigten Szenen passiert bzw. passieren darf. Denn Hollywood traut seinem eigenen Publikum nicht. Ein großer Handlungspunkt ist ein Umschlag, an dem der Undercovercop den Maulwurf in den eigenen Reihen entdeckt. Dieser muss in Departed natürlich gefühlte 100 Mal gezeigt werden, damit es auch der letzte Zuschauer kapiert. Bei Infernal Affairs reicht es zweimal, einmal beim Markieren und einmal beim Erkennen. Das traue selbst ich jedem Zuschauer zu. Verzwickt wird es da eher mit Szenen bei der Psychiaterin oder mit einer Exfreundin, die der Cop für seinen Undercoverauftrag aufgeben muss. Die Exfreundin verschwindet in Hollywood, aus der Psychiaterin wird eine absolut sinnlose Dreiecksbeziehung. Zwischen den Hauptcharakteren besteht schon soviel Spannung wie im Umspannwerk und Hollywood setzt eine Gummipuppe dazwischen. Manchmal reichen doch die Anspielungen...
Den großen Unterschied zwischen beiden Filmen macht aber die Motivation des Bösewichts aus. Im asiatischen Orginal will er sich ändern und ein gutes Leben führen, während im Remake er seinen Boss nur aus Rache killt, weil er ein FBI-Informant sein soll (etwas, was der Orginal-Boss nicht nötig hatte). Vor allem versucht der Boss seinen Schützling auch noch zu erschiessen, was der Orginalcharakter nie tun würde. Für diese Motivation war die Freundin vom Maulwurf ein integraler Part. Sie war im Orginal eine Autorin und ein vollkommen anderer Charakter als die Psychiaterin. Sie schrieb ein Buch über einen Schizophrenen schreibt, der sich auch nicht entscheiden kann, ob er gut oder böse ist. Während sich Infernal Affairs also selbst den Spiegel vorhält, spielt The Departed die Story einfach schnürckellos herunter. Schade, eine vertane Chance in Hollywood mal eine komplizierte Story einfach rüber zu bringen anstatt sie noch mehr zu vereinfachen.
Ein weiterer wichtiger Unterschied findet sich auch in den Charakteren des Polizeichefs und des Gangsterboss. Diese werden im Remake von Martin Sheen und Jack Nicholson sicherlich gut gespielt, aber vollkommen am Charakter vorbei. Jack Nicholson spühlt hier mal wieder seine Standard-Bösewichtnummer das Klo runter. Ich habe nur auf Batman gewartet, bis er den Joker verhaftet. Und Martin Sheen fehlt einfach der Charme, der im Orginal da war. Dort war der Chef ein Gentleman und ein guter Freund des Undercoverpolizisten. Er schickte ihn weg, weil er der beste war, nicht weil er ein hoffnungsloser Fall war. Eine wichtige Szene aus Infernal Affairs fehlt in Departed auch, eine der wichtigsten Szenen der Story. Es kommt zur Gegenüberstellung der gesammelten Mannschaft aus Polizisten und Gangster, wo sich auch die Maulwürfe gegenüberstehen, ohne zu wissen wer der andere ist. Vor allem aber sehen beide Chefs sich deutlich in die Augen und liefern einen Dialog, der allein schon den Oscar wert wäre.
Was fehlt Departed noch? Kleine Details: Morsezeichen, die allererste Begnung zwischen den Maulwürfen im Elektronikladen und das zugehörige Lied, Dächer als Zeichen der Freiheit werden auf Tatorte reduziert und spielen keine Rolle und zu guter Letzt natürlich das richtige Ende. In Hong Kong können sich die Menschen ändern, in Hollywood nicht. Mit was kann The Departed aufwarten? Ein irischer Hintergrund und homophobe Kommentare, die die Iren und die Menschen, mit denen sie zu tun haben, in keinem guten Licht dastehen lässt.
Marky Mark Wahlberg spielt einen Charakter, den nur das Remake kennt. Er weiß auch über die Undercoveraktion bescheid und jeder, der das Orginal zuerst gesehen hat, weiß sofort, dass er am Ende den Racheengel spielt und für Gerechtigkeit sorgt. Aber es gibt keine Gerechtigkeit, ein Martin Scorsese sollte das wissen. Und genau deshalb scheitert für mich The Departed und Internal Affairs gewinnt.
Wenn ein Film den Oscar verdient, dann das Orginal aus Hong Kong. Er ist so viel kompletter und stellt den Zuschauer noch vor Herausforderungen, während Departed das Steak serviert, in Häppchen schneidet, den Zuschauer füttert und ihn mit dem verkorksten Ende auch noch am Bauch kitzelt. Er rückt die Geschichte in den Hintergrund für aufgeplusterte Hollywooddialoge, die die Stars schon wiederkäuen können. Aber das hab ich schon zehntausendmal gesehen, ich hab sogar einen besseren Joker gesehen. Also wo ist eigentlich der Sinn für Martin Scorsese den Film nachzumachen, außer endlich einmal notgeil den Oscar einzuheimsen? Ich sehe keinen.
Für die Story 2,5 Sterne. Für die Umsetzung von Infernal Affairs 2, von Departed 0,5...
The Departed: 3 von 5.
Infernal Affairs: 4,5 von 5.
7 Kommentare:
Hi Maith, deine Gegenüberstellung hat mich doch etwas wütend gemacht, weshalb ein durchaus gelungener Film wie Infernal Affairs jetzt etwas zu schlecht weg kommt, als er verdient hätte. :) Meiner Meinung nach recht bequem das böse Hollywood Remake zu verteufeln.
"Wenn ein Film den Oscar verdient, dann das Orginal aus Hong Kong. Er ist so viel kompletter und stellt den Zuschauer noch vor Herausforderungen" ...Vor eine Herausforderung stellt IA den Zuschauer auf jeden Fall, und zwar sich einen etwas besseren Film vorzustellen.
Meiner Meinung nach ist IA ein Film mit einer tollen Story und TD der Film der diese Story für ein intensiveres Erlebnis nutzt. Ich will jetzt nicht auf jedes deiner Beispiele eingehen, weil manche Dinge zugegebener Maßen Ansichtssache sind. Aber um ein Detail richtig zu stellen.
"Ein großer Handlungspunkt ist ein Umschlag, an dem der Undercovercop den Maulwurf in den eigenen Reihen entdeckt. Dieser muss in Departed natürlich gefühlte 100 Mal gezeigt werden, damit es auch der letzte Zuschauer kapiert. Bei Infernal Affairs reicht es zweimal, einmal beim Markieren und einmal beim Erkennen." Gutes Beispiel für das Fingerspitzengefühl eines großen Regisseurs zu ermessen wieviel Scharfsinnigkeit er von seinem Publikum erwarten kann. Aber vergiss nicht zu erwähnen, dass bei IA zum Set-Up und Pay-Off des Umschlages noch eine absolut dezente Rückblende eingespielt wird die Yan dabei zeigt, wie er den Umschlag beschreibt und und eingespiel wird sobald er ihn in der Polizei Station sieht! :D
Wenn du wirklich etwas über den Unterschied zwischen Infernal Affairs lernen willst, dann les dir mal folgenden tollen Artikel durch. Nichts für ungut ;)
Adrian
http://www.leftfieldcinema.com/comparative-examination-infernal-affairs-and-the-departed
Hallo Adrian, erstmal danke für den Kommentar und den interessanten Artikel.
Ich muss sagen, dass es schon sehr lange her ist, dass ich beide Filme gesehen hab und es daher schwer ist, diesen Vergleich noch den Filmen zuzuordnen.
Ich muss sagen, es hat mich doch verwundert, dass du meinst, dass ich nochwas über zu lernen habe, obwohl beide Posts eigentlich nur eine Meinung darstellen.
Ich finde, du machst es genauso wie Hollywood. Du unterstellst mir etwas, was nicht da ist. Hollywood hält sein Publikum für dumm, es wählt den schnellen verführerischen Weg.
Und dann kommen Remakes dabei heraus, die länger sind als das Orginal und doch weniger sagen. Wo ist der Subplot mit der Stereoanlage? Wo ist die emotionale Tiefe? Ich finds ja schön, dass Mark Wahlberg am Ende alle erschießt, aber ich konnte mich nie mit den Charakteren identifizieren.
Vielleicht lag es daran, dass ich die Filme in richtiger Reihenfolge (Orginal, Fälschung) gesehen habe. Vielleicht sähe es bei umgekehrter Reihenfolge ganz anders aus.
Ich finds halt nur blödsinn so einen hoch zu loben, wenn das Orginal einfach schon grandios ist. In einem Jahr, wo mit Babel einer der besten Filme überhaupt herauskam stand die Oscar-Verleihung unter dem Stern "Gebt dem Scorsese endlich seinen Oscar". Und das ist einfach nur scheiße. Das ist eine riesengroße Maschinerie, die wahre Kunst ihrem fetten Publikum unterordnet.
Klar muss es beim Umschlag eine Rückblende geben. Wenn ich etwas in den ersten 5 Minuten etabliere und erst am Ende des Filmes wieder aufgreife, hat das Publikum das vergessen. Das bringt das Medium mit sich. Aber dann den Umschlag tausendmal zeigen? Klar, weil man eine Szene verpasst, wenn man sich gerade 3 Kilo Popcorn in den Rachen schiebt.
Und wie wird ein Filmerlebnis bitte intensiver, wenn aus zwei oder drei Charakteren plötzlich einer wird und plötzlich eine sinnlose Dreiecksbeziehung entsteht, die so sehr an den Haaren herbeigezogen ist, dass selbst der Autor aus deinem Link sie verteufelt.
Ich muss sagen, der beste Grund, warum einfach Infernal Affairs besser ist: Departed gets the fame, Infernal Affairs gets the blame. Will sagen: Laut vielen Leuten, macht Departed das richtig, was das Orginal falsch macht. Und noch mehr Leute kennen Infernal Affairs gar nicht und halten Departed für einen orginellen Geniestreich. Und das geht mir gegen den Strich. Das ist einfach unorginell und unnötig. Vor allem, wenn zwischen Orginal und Remake nur wenige Jahre liegen.
Siehe Girl with the Dragon Tattoo. So ein Blödsinn.
Man siehe auch die Kommentare unter dem verlinkten Artikel.
Hi Maith, also erstmal danke für deine Antwort und sorry, dass meine Reaktion hat so lange auf sich warten lassen, aber ich habe eben erst gesehen, dass du geantwortet hast. Ich hoffe, dass wegen meiner Reaktion bei dir kein falscher Eindruck entstanden ist. Ich hatte nicht vor zu pöbeln. Ich arbeite gerade an meiner Abschlussarbeit und versuche beide Filme auf Story-Ebene zu vergleichen, deshalb bin ich an deiner Meinung sehr interessiert.
Also erst einmal, ich gebe dir vollkommen Recht, dass The Departed längst nicht Scorseses bester Film ist. Er ist ein Ausnahmetalent, hat bei den Oscarverleihungen aber immer Pech gehabt und so muss man das ganze auch ein bisschen als Ehrung fürs Lebenswerk sehen. Babel ist zwar auch wieder ein guter Film, aber da gibt es einige ;)
Zu den Änderungen:
Zunächst, Scorsese hat nach eigener Aussage kein Remake machen wollen, sondern eine Neuinterpretation des Stoffes. Wenn man beide Filme sehr, sehr oberflächlich vergleicht (ich rede jetzt nicht vom Schauplatz oä), dann sind sie sich ähnlich, weil eben alle wichtigen Plotpoints fast identisch sind. Dazu wurden ein paar Ideen übernommen und sogar ein paar Einstellungen sind fast identisch. Darüber hinaus, und du wirst bestimmt schmunzeln wenn du das liest, haben die beiden Filme im Grunde nicht viel gemeinsam. Hierbei ist die Frage, was man als „den Film“ bezeichnet. Die Filme haben zwei unterschiedliche Schwerpunkte. In IA geht es vor allem um das Machtspiel zwischen Polizei und den Triaden. Bei TD spielt das eine sehr untergeordnete Rolle. Den gesamten Film über beobachten wir Billy und Colin wie sie von ihrer Aufgabe zermürbt werden. Scorsese hat den Plot übernommen und mindestens 2 Charaktere geschaffen, die von den Charakteren im Original nur wage inspiriert sind.
3 > 1
Du hattest geschrieben, dass TD aus 3 weiblichen Charakteren Einen macht. Ich sehe das anders. Ich würde sagen, dass TD aus 3 Statisten mit jeweils 10 Textzeilen einen Charakter macht.
Zum Subplot mit der Stereoanlage:
Wenn man davon ausgeht, dass Scorsese keine Kopie sondern eine Neuinterpretation machen wollte, dann stellt sich die Frage welchen Zweck der Stereoanlagen-Subplot hat. Meiner Meinung nach hat diese Szene je nach dem 2 oder 3 Aufgaben:
1. Sie bildet gleichzeitig erste Sympathien für beide Charaktere und zeigt, dass sich die beiden ähnlicher sind als man zuerst vielleicht meinen würde.
2. Die Szene ist der Setup für die Szene wenn Lau die Audioaufnahme von Yan bekommt.
3. Wenn man soweit gehen möchte, dann kann man noch hinzufügen, dass die Liebe zur Musik eine tiefere schöpferisch, kreative Ebene der beiden Charaktere zeigt, und förderlich für die Identifikation ist.
Jeder dieser Punkte wird von Scorsese meiner Meinung nach geschickter gelöst und dann ist mir noch etwas aufgefallen: Dass sich die beiden nach zehn Jahren zufällig über den Weg laufen ist zwar seltsam, aber dass sie sich nicht wiedererkennen hat mich stutzig gemacht. Ich habe hin und her überlegt, aber dann hab ich mir gedacht: Ach klar, sind ja auch andere Schauspieler als die in er Polizeischule, kein Wunder dass sie sich nicht wiedererkennen ;)
Zu der emotionalen Tiefe:
In meiner Arbeit beschäftige ich mich hauptsächlich mit den Charakteren und ihrer psychologischen Entwicklung. Hier liegt meiner Meinung nach auch die größte Verbesserung von TD gegenüber IA. Emotionale Tiefe wird ja hauptsächlich über die Bindung an die Charaktere erzeugt und ist nichts was auf der Leinwand passiert, sondern viel mehr in den Köpfen der Zuschauer.
In den ersten Minuten von IA sieht man wie sich Yan mit seinem Vorgesetzten auf einem Dach trifft. Da beschwert er sich kurz darüber, dass seine Undercoverzeit wieder verlängert wird und witzelt dann gleich wieder mit seiner Vater-Figur rum. 2 Minuten später salutiert er noch, was seine Sehnsucht ausdrücken soll ein normaler Polizist zu sein. DAS WARS. Yan kämpft den ganzen Film über die Kämpfe der Guten und bringt sich dadurch stets in Gefahr. Diese Erfahrung scheint ihn aber weder psychisch zu belasten, noch charakterlich zu verändern. Er leistet seinen Dienst wie ein Roboter und nutzt die Zeit bei seiner Psychologin um zu schlafen. In der letztens Szene, wenn man endlich etwas Sympathie für Lau empfindet, weil er ja „ein guter Mensch“ werden will (was auch immer das bedeutet) ist Yans Reaktion sehr kaltherzig und wenig heldenhaft.
Bei Laus Charakter ist es fast noch ein wenig schlimmer. Er verhält sich den gesamten Film über absolut unmoralisch und hinterfragt oder reflektiert KEINE EINZIGE seiner eigenen Taten. Dann, als Inspektor Wong stirbt sehen wir eine erste fast menschliche Reaktion von ihm. (ist jetzt meine Interpretation seiner Mimik wenn er Wongs blutigen Ausweis in der Hand hält) Dann 10 Min später erschießt er bei der nächsten Gelegenheit seinen Bandenchef und beschließt „ein guter Mensch“ zu werden. Nur leider macht ihm das Schicksal einen Strich durch die Rechung. Danach müssen noch 2 weitere Menschen sterben (von denen er einen persönlich erledigt) bevor er „ein guter Mensch“ werden kann.
An welcher Stelle im Film siehst du da genau die emotional Projektionsfläche? Und sag jetzt bitte nicht die Aktion bei der Inspektor Wong stirbt :) Versteh mich nicht falsch, ich bin gar nicht der Meinung, dass ein guter Charakter immer gutes tut muss und ein böser Charakter immer schlecht ist. Was allerdings nicht geht, ist jemanden über eine Stunde ohne Entwicklung schlimme Sachen tun lassen und ihm in den letzten 20 Minuten dann Reue andichten. Dass der Charakter jetzt zur Strafe laut Buddha auf ewig in der Hölle schmoren muss, erweicht jetzt mein kaltes Herz auch nicht besonders ;)
„Hollywood hält sein Publikum für dumm“
Ich gebe dir mal ein Beispiel wieso ich denke, dass die IA Macher ihr Publikum wohl für dumm halten.
Laus Freundin erzählt im beim Umzug in ihre gemeinsame Wohnung von einer Geschichte an der sie gerade schreibt. Es geht um einen Mann mit 27 verschiedenen Persönlichkeiten. Durch das spielen verschiedener Identitäten kennt er sich irgendwann selbst nicht mehr.
Lau reagiert auf die Geschichte seiner Freundin hauptsächlich ironisch. Entweder ist es eine gespielte Ironie oder vielleicht scheint ihm die Geschichte völlig an den Haaren herbei gezogen. Wenn man jetzt hypothetisch davon ausgehen würde, dass Lau sich in dem Moment in irgend einer Weise ertappt fühlt oder sich und sein Leben in der Geschichte wiederfindet, dann überspielt er seinen „Schock“ gekonnt.
Aber es kommt noch besser. In einer späteren Szene sagt Laus Freundin dann zu ihm dass sie mit der Hauptperson ihrer Geschichte Mitleid hat. Er scheint etwas müde zu sein und antwortet recht oberflächlich interessiert. Sie fragt ihn ob sie ihre Hauptfigur vielleicht etwas weniger böse machen soll, oder in gar in einen Guten verwandeln, obwohl er ja schlechte Dinge getan hat. Lau ist gerade mal so sehr an ihrer Geschichte interessiert, wie man eben an dem Zeug seiner Freundin interessiert ist das man nicht wirklich interessant findet, ohne sie verletzen zu wollen. Eigentlich will er nur, dass sie schlafen kommt und sagt: „Ich überlasse das gern euch großen Künstlern und Schriftstellern“!
Was genau ist da abgelaufen? Ist Lau so dumm, dass er die immer offensichtlicher werdenden Anspielungen seiner Freundin nicht auf sich bezieht? Dieser Charakter wird als ziemlich scharfsinnig erzählt, also gehe ich davon aus, dass die Anspielungen nicht spurlos an ihm vorbei gehen. Würde in dem Fall aber nicht jeder mittelmäßig intelligente Mensch misstrauisch werden? Vielleicht ahnt sie etwas – Frauen in der chinesischen Tradition würden vielleicht nicht so direkt mit der Tür ins Haus fallen. Wie auch immer, man muss dem Film gegenüber schon sehr wohlwollend eingestellt sein um einen weg zu finden sich das ganze schön zu reden.
Ich meine ganz ehrlich, ich hab mich vor Lachen kaum ein bekommen so dumm fand ich diesen Subplot. Also da haben sich wohl die Drehbuchautoren einen Spaß erlaubt und sich an einer ungeschickten Referenz aufs Medium versucht. Meiner Meinung nach ist das Ganze so ungefähr auf dem Niveau eines mittelmäßigen Filmstudenten, weil es einfach viel zu offensichtlich ist. Diese Anspielung schnallt jeder deiner beschriebenen Zuschauer selbst wenn er sich seine Tüte Popreis über den Kopf zieht, statt draus zu essen. Dass sich hier die „großen Künstler und Schriftsteller“ offensichtlich selbst feiern ist zwar peinlich, aber viel schlimmer finde ich, dass es der Glaubwürdigkeit des Films schadet.
Mich würde sehr interessieren, ob sich an deiner Meinung etwas ändert, wenn du dir beide Filme demnächst noch mal anschaust.
Beste Grüße
Adrian Lacheta
Adrian, er (der „Dumme“ aus der Szene mit der Anspielung seiner Freundin unter Zuhilfenahme ihres Romans) hat sich selbst nicht als böse gesehen und war davon so sehr überzeugt, dass er es garnicht verstehen wollte und konnte!
Und zu Departed, dieser *kotz* Patriotismus, Sexismus, Rassismus und die derben (pubertären) Sprüche gingen mir ziemich auf den Keks. Mir waren alle Charaktere aus DP unsympathisch, im Gegesatz zu denen aus Infernal Affairs. Und Filme mit Damon und DiCaprio mag ich eigentlich sonst sehr gerne…
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