22. Juli 2009

Heute flatterte ein Brief in meinen Briefkasten.

Am Sonntag, 27. September 2009, findet die Wahl zum 17. Deutschen Bundestag statt. Es ist vorgesehen, Sie in einen Briefwahlvorstand zu berufen.

Ich bin also schonmal vorgesehen. Angefangen hat das wohl mit der Europawahl, in der ich auch bei der Briefwahl ran durfte - da hatte ich mich aber freiwillig gemeldet. Einmal Briefwahl, immer Briefwahl. Eigentlich wollte ich lieber in irgendner Schule chillen und die Leute beim Wählen beobachten, aber letztendlich war die Briefwahl auch eine gute Erfahrung.

Aber will ich die zur Bundestagswahl wirklich machen? Mein Problem ist folgendes: Während mir Gemeinderat und Europaparlament ziemlich am Arsch vorbei gehen, weil ich eh nichts damit zu tun habe, ist mir die Bundestagswahl ziemlich wichtig. Viel der heutigen Politik wird zwar in Europa gemacht, aber nicht vom Parlament, sondern von dem Rat und der Kommission der Gemeinschaft. Und wer sitzt da wohl drin? Genau, die Regierungen der Staaten. Deshalb ist für die Europapolitik immer noch die Regierung wichtiger als das Parlament.

Warum sollte ich also bei der Auszählung der Briefe nicht teilnehmen? Weil ich unzufrieden bin und weil ich nach der Auszählung genauso unzufrieden sein werde. Oben wird sich nichts Ändern. Auch wenn sich die Koalitionen verschieben, schlechte Politik á la Internetzensur, Überwachung, Spieleverbot und Einschränkungen der persönlichen Freiheiten wird weiter gehen. Aber das ist nicht mal das Schlimme beim Auszählen, denn viele solcher Wähler wissen es ja nicht besser. Das Schlimme sind Protestwähler. Nicht Protestwähler, wie ich, sondern Protestwähler, die nicht nachdenken, die sagen "ist eh alles Scheiße", die rechtes Gesindel wählen. Und das auszuzählen würde nur Magengeschwüre verursachen. Wenn mal jeder nicht gleich seinen Kopf in den Gasherd stecken würde und sich ein paar Grüppchen unter diesen Protestlern finden, dann haben auch kleine Parteien eine Chance.

Denn diese hören unser Klagen noch und die Sorgen dafür, dass diese Klagen weitergegeben werden. Ganz sympathisch sind mir da die Piraten. Die Piratenpartei ist eine Einprogrammpartei, aber sie macht daraus keinen Hehl, sondern sie nutzt das zum Vorteil - und sie findet Gehör. Auch die Grünen haben so mal angefangen.

Warum sollte man überhaupt Protestwählen, wenn sie doch sowieso nichts ändert. Weil eine starke Regierung eine starke Opposition braucht. Bevor man Lösungen erwartet, muss man sich Gehör verschaffen und die großen Parteien werden schon aufmerksam, wenn ihnen die Wähler wegrennen. Denn selbst die richtigen Leute in den richtigen Positionen können nicht sofort etwas bewegen. Barack Obama ist kein Allheilsbringer und sein Spruch sollte mittlerweile auch "Maybe, we can!" heißen, aber es ist der Schritt in eine richtige Richtung. Aber diese muss eben auch erstmal eingeschlagen werden. Aber das schafft man bestimmt nicht mit Nazis in den Landtagen und auch erst recht nicht im Bundestag.

Wenn ich mich also doch entscheiden sollte, zur Auszählung der Briefwahl zu gehen, dann muss ich schon in einer anderen Stimmung sein, als jetzt. Denn ich weiß, dass es vielen juckt, aber kaum einer sich kratzt. Und wenn ich deren Wahlzettel sehe, dann kann ich wohl nur mit dem Kopf schütteln.

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