14. Juli 2010

Ich bin ja ein Kind der 90er Jahre. Geboren in den 80ern, den Mauerfall nicht wirklich mitbekommen, aufgewachsen mit Eurodance, Hercules und Deutschland als Europameister. Was zu den "Neunzigern" auch dazugehört ist David Hasselhoff. Nicht für seinen Gesang, nicht für Knight Rider, sondern definitiv für Baywatch. Neben den Frauen gehörten dazu käsige Geschichten und unrasierte Männerbrüste. Und mittendrin war halt auch David Hasselhoff.

In den letzten Jahren nicht wirklich ein Held und er glänzte eher mit Gastauftritten an der Seite von Chuck Norris (was für ein Team)...


Nun braucht der gute Mann anscheinend wieder Geld und so lässt er es sich nehmen durch Österreich und Deutschland zu touren, um sein neues Buch "Wellengang des Lebens" vorzustellen. Gestern kam er nach Stuttgart, in die Buchhandlung Hugendubel. David Hasselhoff in Stuttgart! Ich hatte es erst für einen Scherz gehalten, war dann aber doch zu neugierig, um mir das entgehen zu lassen. Nicht für Hasselhoff, sondern einfach um sehen, was da so abgeht. Und es hat sich gelohnt. Da hätte man mal wieder eine sozioligische Doktorarbeit schreiben können.

David Hasselhoff hatte seinen großen Auftritt und Stuttgart zeigte sich von seiner besten Seite. *würg*. Er grinste in die Menge, badete in den Menschen, scherzte, kümmerte sich um alle Autogrammjäger und genoss diese Anerkennung sichtlich. Aber war das auch wirkliche Anerkennung?


Ich hatte ja erwartet, dass es sich die Waage hält zwischen älteren Fans und jüngeren Spaßkanonen. Aber die Spaßkanonen waren in Überzahl. Wirkliche Anerkennung für die Arbeit, die der man macht oder gemacht hat, gab es nicht. Das waren eher irgendwelche Nasen, die sich einen Spaß daraus machten, mit ihm ein Foto zu erhaschen, dass sie dann auf ihren Facebook-Account hochladen können. Keiner wollte ihn wirklich singen hören, keiner wollte etwas über sein Leben hören. Ober dieser Mann da Geld verdient, mit dem was er tut, oder ob er scheitert, das war wohl egal. Man sah es an, dass es darum ging, seine persönlichen 5 Sekunden im Rampenlicht zu erhaschen.


Ich hatte ja schon fast Mitleid, dass ich hingehen, ihm die Hand auf die Schulter legen und sagen wollte "Du machst das gut, das bedeutet etwas und ich möchte, dass du auch weiterhin Erfolg hast und die Welt veränderst." Aber soweit kam es nicht. Ich hatte mir sein Buch nicht gekauft. 25 Euro waren zuviel. Nicht dafür. Und so blieb ich anonym in der Menge. Signiert wurden nämlich nur die Bücher. Und dann wusste man sofort, worum es ging. Um die Kohle. Ich war nur der Typ, der im Weg stand für jemanden, der mit seinem "Don't Hassel the Hoff" vorbei wollte. "Was willst du eigentlich hier?", wurde ich angepflaumt. "Was wollt ihr Nasen hier?", schoss ich zurück. Er wollte darein. Koste es, was es wollte.


Als der übellaunige Manager die letzten 20 Minuten ankündigte, wurde es mir zu bunt. Die Leute quetschten, drückten und schoben und missachteten dabei jedes Grundgesetz der Physik. "Wo ein Körper ist, kann kein zweiter Körper sein" heißt es so schön. Und nur durch schieben and asoziales Verhalten ändert sich das nicht.


Und während the Hoff also Obernasen in Baywatch-Badehosen zusammenstauchte, warum sie sich die Brust rasieren und ob sie denn ein Päärchen wären, schälte ich mich langsam aus der Masse. "Oh look, ein little Kinders", begrüßte er ein Mädchen, dass wohl noch nicht mal so richtig wusste, was um sie herum passierte. Er war gut drauf, er war in seinem Element. Er machte einen Metalfan an, er führte Knight-Rider-Dialoge und er freute sich über Plakate. Im Hintergrund seine Tochter, die er ins Rampenlicht rücken wollte, aber nie dazu kam, weil er sich selbst viel zu wohl dort fand. Ob er merkt, was im ihn herum passiert. Ob er Anerkennung von Witzeleien unterschieden kann? Wer weiß. Vielleicht ist's ihm auch egal, wenn er gut verdient. Denn ohne diese Nasen wäre der Geldbeutel nicht so voll.


Als sich das Feld also lichtete und ich nur an der Seite chillte tauchte neben mir ein Kamerateam auf. Pro7, Taff am Apperat, interviewte eine junge Frau, die höchstens sein Burger-Video kennen dürfte. Aber sie war so glücklich. Er ist toll, er wäre ein Star und es ist das größte hier zu sein. Yeah. Heute 17 Uhr sieht man das dann... und hoffentlich nicht mich.


Als Hasselhoff dann geht sind die ganzen Zeitungen und Kameras schon längst weg. Reicht ja 5 Minuten Bildmaterial für einen 10 Minuten Beitrag. Es interessiert ja auch keinen die Person, sondern nur die Meldung. Viel Müll bleibt liegen, sogar einige der signierten Bücher, die das Personal einsammelt. Am Ende wird man gar nicht mehr merken, dass er überhaupt da war...


Was nehme ich mit? Kein Autogramm, das ist sicher. Schade, denn ich hätte es gern weiterverschenkt :* Aber sonst? Die Erkenntnis, das Heldenverehrung, echte Anerkennung und pure Sinnlosigkeit so nah und doch so fern beieinander liegen. Er will auf seiner nächsten Tour, die in Wien startet, auch in Stuttgart halt machen. Ich glaube nicht dran, aber gehe vielleicht hin, falls es doch was wird. Warum? Weil ich doch auch nichts Besseres bin...


Außer taff und den ganzen Nasen und Möchtegern-Hipstern waren natürlich die Stuttgarter Zeitungen (Nachrichten, Zeitung), die Esslinger Zeitung, die einschlägigen Blogs (brezel.me und kessel.tv), andere Blogger(innen) und andere Magazine da. Sogar eine Bildergalerie bei Facebook gibt es (wer mich findet, bekommt ein Bienchen). Hab mich ja köstlich amüsiert, als eine Gruppe halbprofessioneller Leute da einen Filmbeitrag andrehten, sich freuten, dass der gerade erst gestartet ist, das Buch aber schon auf Platz 1 bei Amazon sei und damit ziemlich eindrucksvoll und dilletantisch demonstrierten, dass sie nicht wissen, wie das Internet funktioniert. Naja, was soll's...

Bester Spruch des Tages war: "Bitte die Bücher aus der Schutzfolie nehmen, bevor sie zum Signieren übergeben werden" *hust*


Man sieht mich hoffentlich dann nicht um 17 Uhr auf Pro7 in Taff...

1 Kommentar:

GroßaBruda hat gesagt…

:)

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