9. April 2013

Nach der gestrigen Sneak im Stuttgarter Metropol wird wohl das Publikum nicht mehr so schnell einen deutschen Film verteufeln. Der deutsche Film ist nichts für's Sneakpublikum heißt nämlich sonst immer die Devise, wenn ich es mal in die Sneak schaffe.

So auch gestern:

Es erscheint die deutsche Produktionsfirma auf der Leinwand - Großes Gemurmel, vereinzeltes Stöhnen.
Unter den Geldgebern erscheint Arte - lautes Gestöhne, die ersten wollen gehen.

Schon traurig, was der deutsche Film für einen Ruf hat. Oder was Arte für einen Ruf hat. Wahrscheinlich hat Kultur einfach einen schlechten Ruf.


Glücklicherweise kam dann doch alles ganz anders. Denn es lief "Das Leben ist nichts für Feiglinge" mit Wotan Wilke Möhring als Markus Färber.

Markus' Frau ist in einem tragischen Unfall gestorben. Neben der Trauer muss er auch noch mit seiner stark pubertierenden Tochter klar kommen und dann bekommt auch noch seine Mutter Krebs. Mit Hilfe der Altenpflegerin Paula lernt er, dass doch noch Leben in ihm steckt.

Gleich vorneweg: Ich liebe diesen Film. Er ist ein Beispiel dafür, dass es abseits von all diesen Schweigern, Schweighöfern und wie sie alle heißen noch guten deutschen Film gibt, der eine ernsthafte Handlung in eine Hülle aus feinem Humor und Ironie stecken kann.

Der ganze Film wirkt aufgrund seiner eher unbekannten, aber sehr talentierten Schauspieler so verdammt frisch, dass man den Rest der schon tausendmal gesehenen deutschen Schauspieler gerne in die Tonne treten würde. Herr Möhring zeigt in Das Leben ist nichts für Feiglinge seine ganze Bandbreite und dabei stimmt vor allem die Chemie zu den anderen Darstellern. Es wirkt so, als hätten sie alle einen ganz besonderen Draht zueinander entwickelt.

Hier bekommt man alles: Ein tolles Ensemble, eine herzerwärmende Geschichte über Familie, einen pubertierenden Teenager, einen großartigen Soundtrack, Humor, Ernsthaftigkeit, gute Regie und vor allem gute Unterhaltung. Und vor allem etwas was man selten in solchen Filmen hat: Authentizität und Natürlichkeit. Man kann sich so gut in die Charaktere rein versetzen und ihre Gedanken und Handlungen nachvollziehen. Das alles ohne, dass sich der Film aufbläst. Ohne große Marketingkampagne. Ohne einen Hauptdarsteller, der sich über den Film stellt. Ohne Schnulzenpopsong. Ohne Schnörkel eben.

Der einzige und echte Wermutstropfen ist die Figur von Paula. Sie bleibt ohne Hintergrund und eigene Geschichte und dient eigentlich nur als Stützpfeiler für die Familie und selbst eine Entwicklung durchzumachen. Da fragt man sich dann schon, ob es für sie noch Szenen gab. Die Unterhaltung am Imbiss gegen Ende des Filmes deutet das sogar an.

Das Leben ist nichts für Feiglinge war ein richtig toller Sneak-Film, das mussten selbst die gackernden Mädels neben mir anerkennen, die wohl dem deutschen Film sowas auch nicht zugetraut hatten. Schade nur, dass Wotan Wilke Möhring angekündigt hatte, für eine Fragerunde vorbei zu kommen, aber dann wegen Krankheit absagen musste. Gute Besserung!

Der Film bekommt von mir tolle 4,5 Sterne von 5 und eine dicke Weiterempfehlung. Am besten einen großen Bogen um den Kommerz machen und sich direkt den hier anschauen.



PS: Und wer jetzt nach dem Trailer denkt, Paula kommt da an und das wird eine schmierige lahme Liebesgeschichte... NEIN.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen