6. Dezember 2010

Wetten, dass ich noch einen Beitrag über "Wetten, dass..?" schreibe? Nun, das ist ja fast obligatorisch, wenn man sich ein bisschen für Fernsehen und Medienlandschaft interessiert und mir geht es auch gar nicht so sehr um den armen Menschen, der da jetzt im Koma liegt und dem es hoffentlich bald wieder besser geht. Der wurde und wird nämlich auf anderen Seiten und in anderen Medien ordentlich breitgetreten.

Nein, mir geht es tatsächlich ums Informationsbedürfnis. Ich war bei besagter Sendung mit besagtem Unfall nämlich unterwegs und habe mal wieder eins der schlechtesten Basketballspiele meines Lebens abgeliefert. Als wir danach nach draußen kamen, telefonierte ein Mannschaftskamerad mit seinen Eltern und bekam so vom Unfall mit, ab dann drehten sich die Mühlen. Unfall? Wann, wo, wie?

Ich hatte nur mein Handy zur Hand. Was also tun? Ich hab erstmal Twitter gecheckt, obwohl ich wusste, dass ich da von meinen Followern nicht viel Informationen bekomme. Jedenfalls nicht so viel relevante. Hier und da ein "Scheiße", ein "omg" oder sonstige Ergüsse, aber nichts gehaltvolles. Nur ein Tweet brachte mich weiter:
Und schon ist der Unfall bei Wetten dass ...? auf YouTube .... Wie krank ist das denn bitte?
(via @anne487)

Ok, also dann mit dem Handy auf Youtube. Mit dem Suchbegriff "wetten dass unfall" wurde man auch sofort fündig. Also Video angeschaut und schon wusste man über den Hergang bescheid. In der Videobeschreibung stand dann noch, dass der Kandidat auf dem Weg zum Krankenhaus verstorben sei, was sich dann aber glücklicherweise nach einem Besuch auf Google News als Fehlinformation herausgestellt hat.

Ist das krank, wenn man das Video sofort nach einem relevanten Ereignis anschauen kann? Nein definitiv nicht. Es zeigt, wie moderne Kommunikation und Informationsfluss funktionieren sollte. In unserer Gesellschaft, die fast nur noch auf Informationen und deren Schnelligkeit basiert, herrscht ein konstantes Bedürfnis nach relevanten Informationen. Fünf Minuten nachdem ich gehört hatte, dass es einen Unfall gab, hatte ich ihn gesehen und kannte die aktuellste Lage. So muss das funktionieren! Jetzt ist so ein Unfall eigentlich nur ein Beispiel, aber was ist mit Kriegen, Katastrophen oder wirklich wichtigen Ereignissen? Da möchte und sollte jeder informiert sein. Als ich dann nach Hause kam, konnte ich meine Freundin gleich fragen, wie die aktuelle Lage ist.

Nun man kann darüber diskutieren, was jeder einzelne mit diesen Informationen anfängt. Es gibt sich Pietätlosigkeiten, Geschmacklosigkeiten und Perversitäten da draußen, das wird hier nicht anders sein. Trotzdem finde ich es ganz und gar nicht krank. Es ist modern, schnell, praktisch und meineserachtens absolut notwendig.

Krank ist derjenige, der die Wette beim ZDF durchgewunken hat. Absolut fahrlässig und unverantwortlich. Das ZDF als öffentlich-rechtlicher Sender und "Wetten, dass..?" als Familiensendung sind hier deutlich über die Stränge geschlagen. Morgens im tivi-Kinderprogramm wird den Kids beigebracht, wie sie über die Straße laufen sollen und abends, wie sie über Autos springen? Jedes Mal wenn ein bekannteres Video von einem Sprung über ein Auto in den USA aufgetaucht ist, sind dort Kinder und Teenies gestorben, weil sie so etwas nachmachen wollten. Das geht wohl als weiteres abschreckendes Beispiel in die Geschichte ein.

Nein, meiner Meinung nach war diese Wette zu groß für die Sendung. Und natürlich auch für den Kandidaten. Der arme Vater, die armen Zuschauer, die armen Wettpaten - die sind alle gestraft. Die Wetten werden sicher wieder harmloser in nächster Zeit. Lieber wieder Filzstifte am Geschmack erkennen, anstelle von sowas. Sollte sich sein Zustand aber verschlechtern, dann muss man sich wohl über die Zukunft von "Wetten, dass..?" Gedanken machen...

Wie moderner Journalismus funktioniert sieht man übrigens hier.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen