10. November 2010

Mir geht ein Lied durch den Kopf...

Eigentlich hatte ich heute Abend keine Lust auf's Konzert zu gehen. Mir entsprechend viel Elan schleppte ich mich dann trotzdem zu den Wagenhallen. Aber egal wieviel Elan man zu Gisbert zu Knyphausen mitbringt, mitgerissen wird man immer. Dabei ist es nicht mal die Begeisterung, denn der Liedermacher hat kaum Bühnenpräsenz. Würde er nicht in der Mitte der Bühne stehen, könnte man ihn für einen Background-Musiker halten. Fast schon schüchtern steht er da oben und lässt sich durch Zwischenrufe aus dem Konzept bringen. Klein, unscheinbar und mit einem "Musik ist scheiße" Sticker auf der Gitarre. Wie passend.


Nein, bei Gisbert zu Knyphausen sind es die Lieder, die einen eintauchen lassen in neue Welten, in Melancholien und Melodien und die einen einfach nur abrocken lassen. Doch auch hier liegt das Dilemma des "Liedermachers", denn sind die Songs nicht politisch aufgeladen, können sie mit Melancholie und Herzschmerz und aneinandergereihten Metaphern leicht ins Belanglose driften. Doch auch diesen Spagat meistert dieser bescheidene Mensch da oben mit Bravour. Die Lieder, die er spielt, sind nicht nur die aufgewärmte Albumskost, die man als Fan kennt, sondern wirkliche Liveversionen mit ihrem eigenen Flair. Nicht nur, weil es andere Arrangements sind, sondern weil die menschliche Komponente mit hineinspielt.

Da fliegt dem Drummer mal ein Stick aus der Hand, der dem Bassisten an den Kopf knallt. Da geht einmal ein Mikrofon nicht. Da setzt die Tontechnik für die Akkustikgitarre für ein ganzes Lied aus, nur um beim entscheidenden Solo wieder einzusetzen. Da versingt sich der Sänger. All das meistert Gisbert zu Knyphausen mit Charme und spielt sich für fast 2 Stunden durch seine Diskografie nur um am Schluss zu singen "Das sieht scheiße aus".


Man mag das Genre verkennen, aber spätestens bei einem fünfminütigen Instrumentalteil, der sich immer weiter steigert und fast woodstock-psychedelisch auf die Ohren haut, weiß man, dass da vorne ein Musiker mit sehr viel Talent und Können steht und dass sich das Kommen gelohnt hat. Soll er doch öfter nach Stuttgart kommen. Und gerne auch wieder so rockig. Vor allem der Schlagzeuger hat reingehauen. Daantje & the golden Handwerk kann er gerne wieder mitbringen. Mag zwar noch nicht reif für die große Halle sein, aber überrascht mit Textschnipseln wie "Wir fahren die Asche deiner Mutter durch die ungläubige Welt" oder "Ich geh mal eben raus auf die Rampe".

Alles in allem ein toller Abend, nicht nur für mich, auch wenn die Arschkinder vor mir die Fresse nicht halten konnten und als gefühlt einzige in dieser Halle rauchen mussten. Manchmal ist eben nicht alles ok. Anderen hat's aber auch gefallen. Die Fotos sind nur die Beweise, dass ich dort war und erheben keinen Anspruch auf Tollheit. Warum der Abend nicht grandios war? Weil man allein auf solchen Konzerten einfach niemanden zum im Arm halten hat. Und das braucht man, bei soviel Melancholie und Weltschmerz. Und bei so viel Klischees und funkelnden Sternen...

Nicht von Stuttgart, obwohl das Outfit das gleiche war (minus Jacket)


Bis zum nächsten Mal, Gisbert...

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